Der Verlust eines geliebten Menschen oder Tieres ist für jeden schwer zu verkraften, doch für Kinder kann dieser Schmerz besonders tiefgreifend sein. Während Trauer eine natürliche Reaktion auf Verlust ist, kann es passieren, dass sie bei manchen Kindern zu einem Trauma führt. Je früher Du als Elternteil oder als Fachkraft diesen Wandel wahrnimmst, umso besser kannst Du der nachhaltigen Beeinträchtigung auf ihre emotionale und psychische Entwicklung entgegenwirken.
Ich gehe in diesem Artikel darauf ein, wie sich Trauer bei Kindern äußert, wann sie in ein Trauma übergehen kann und wie Du als Eltern und Fachkraft Deine bzw. die Kinder dabei unterstützen kannst, dass sie ihren Verlust gut, auf individuelle Weise und gesund verarbeiten können.
Trauer bei Kindern
Trauer ist eine normale und gesunde Reaktion auf Verlust. Kinder durchlaufen, ähnlich wie Erwachsene, verschiedene Phasen der Trauer: Schock und Verleugnung, Wut, Verhandlung, Depression und Akzeptanz. Diese Phasen können in unterschiedlicher Reihenfolge und Intensität erlebt werden und sind Teil eines natürlichen Heilungsprozesses.
Dieses Phasenmodell soll nur eine kleine Orientierung sein, da Trauer ein sehr individueller Prozess ist.
Anzeichen dafür, dass Trauer in ein Trauma übergeht
Während viele Kinder im Laufe der Zeit lernen, mit ihrer Trauer umzugehen, gibt es Fälle, in denen der Verlust so überwältigend ist und keine oder nur teilweise eine Verarbeitung stattfindet, sodass es zu einem Trauma führt.
Ein (beginnendes) Trauma äußert sich bei Kindern auf verschiedene Weise und Du kannst Sie an folgenden Hinweisen erkennen:
Andauernde und intensive Traurigkeit: Wenn ein Kind auch nach mehreren Monaten nicht in der Lage ist, Freude zu empfinden bzw. sich an schönen Momenten zu erfreuen oder normales Interesse an täglichen Aktivitäten zu zeigen, könnte dies ein Zeichen für ein Trauma sein.
Wiederkehrende Alpträume oder Flashbacks (Wiedererleben): Häufige Alpträume oder belastende Erinnerungen an die Verlustsituation deuten darauf hin, dass das Kind den Verlust noch nicht verarbeitet hat.
Rückzug, Isolation, Überaktivität: Kinder, die sich von Freunden und Familie zurückziehen und soziale Aktivitäten meiden, könnten an einem Trauma leiden. Dazu gehört auch die Vermeidung von Gesprächen über den Verlust oder sich in übermäßige Aktivität zu stürzen, um nicht zur Ruhe kommen zu müssen.
Veränderungen im Verhalten und in der Persönlichkeit: Plötzliche Wutausbrüche, Ängste, die vorher nicht vorhanden waren, Schuldgefühle oder generell eine drastische Veränderung im Verhalten (als ob man sein Kind so nicht kennen würde) können auf ein tieferes Problem hinweisen.
Kognitive Reaktionen: Diese können sich in Form von Konzentrationsproblemen und geistiger Erschöpfung zeigen, die mit Schlafproblemen (durch Schlaflosigkeit oder fehlenden Tiefschlaf) einhergehen.
Körperliche Beschwerden: Häufige Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Engegefühl in der Brust, erhöhter Herzschlag, Müdigkeit, Appetitmangel oder andere körperliche Beschwerden ohne medizinische Ursache können Ausdruck emotionaler Not sein.
Vielleicht kennst Du ähnliches von Deinem Kind, wenn es mit herausfordernden Situationen konfrontiert ist.
Ungelöste Konflikte: Wenn diese mit dem Verstorbenen noch vorhanden sind, können sie eine schwere Last sein, die den Trauerprozess zusätzlich erschweren.
Spätere Manifestation: Falls keine Verarbeitung stattfindet und sich die Trauer als Trauma manifestiert hat, können folgende Symptome auftreten, wie Schwierigkeiten mit dem Gedächtnis und der Konzentration, Angststörungen (z.B. Verlustangst), Depression etc.
Jedes Kind trauert auf seine ganz individuelle Weise, die Einen stiller und die Anderen lauter. So braucht jedes Kind auch in Deiner Begleitung eine ganz individuelle Unterstützung durch Dich als Eltern und/oder durch Dich als Fachkraft.
Unterstützung für trauernde Kinder
Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Kinder, die einen Verlust erlitten haben, die nötige Unterstützung erhalten, um ihre Gefühle zu verarbeiten und zu einem gesunden psychischen Zustand zurückzufinden.
Hier gebe ich einige Ideen, wie Du als Eltern und als Fachkraft dabei unterstützend sein kannst:
Offene Kommunikation fördern: Ermutige das Kind, über seine Gefühle zu sprechen, und höre aktiv zu, ohne zu urteilen. Es ist wichtig, dass das Kind sich gehört und verstanden fühlt.
Routine und Stabilität bieten: Ein geregelter Tagesablauf kann dem Kind ein Gefühl von Sicherheit und Normalität geben.
Erinnerungen teilen und bewahren: Gemeinsame Rituale oder das Erstellen eines Erinnerungsbuchs können dem Kind helfen, den Verlust zu verarbeiten und positive Erinnerungen zu bewahren.
Geduld haben: Jeder trauert anders und in seinem eigenen Tempo. Es ist wichtig, geduldig zu sein und dem Kind die Zeit zu geben, die es braucht.
Anerkennung der körperlichen und emotionalen Symptome: Sie sind ein Teil des Trauerprozesses und Ausdruck des inneren Schmerzes, der nicht in Worte gefasst werden kann.
Noch vorhandene Konflikte lösen: Hierfür ist es wichtig, sich der ungelösten Konflikte bewusst zu werden und Wege zu finden, um sie zu bearbeiten. Das kann in Form eines Briefes sein oder als Imagination eines Gespräches mit der verstorbenen Person oder dem verstorbenen Tier, etc.
Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen: Wenn Anzeichen eines Traumas bestehen und Du keinen Weg mehr siehst, Dein Kind gut begleiten zu können, kann die professionelle Unterstützung hilfreich sein.
Trauer ist ein schwieriger, aber natürlicher Teil des Lebens. Wenn Kinder jedoch den Verlust nicht verarbeiten und damit traumatisiert werden, benötigen sie besondere Aufmerksamkeit und Unterstützung. Indem wir als Eltern und Fachkräfte achtsam sind und die für das Kind richtigen, individuellen Wege finden und gehen, können wir ihnen helfen, ihre Trauer zu bewältigen und wieder Hoffnung zu finden. Der Weg zur Heilung mag lang und steinig sein, doch mit Liebe und Unterstützung können Kinder lernen, mit ihrem Verlust umzugehen und gestärkt daraus hervorzugehen.
Du als Eltern und Fachkraft kannst Deine/die Kinder in dem Trauerprozess und anderen herausfordernden Situationen wirkungsvoll unterstützen, damit sie das Leben leben können, was wir ihnen wünschen. Das kannst Du im Basisseminar ‘Verhalten besser verstehen und begleiten für ein entspannteres Miteinander’ theoretisch und mit viel Praxis erfahren.
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